GRÀFFICA Magazin Nr. 39 Besser gestalten

Anhand von Interviews mit Sagmeister, Isidro Ferrer oder Vasava sowie durch die Reflexionen von Milton Glaser, Scott Belsky und Raül Refree erforschen wir den Wert von Fehlern, Glück, Beharrlichkeit und kritischem Denken als Triebkräfte des kreativen Prozesses in einer Gegenwart, die von Geschwindigkeit und Unsicherheit geprägt ist.

Diese Ausgabe dient als Leitfaden für Kreative. Sie ist kein typisches Handbuch, sondern vielmehr eine Übersicht über Ideen, Einstellungen und gewonnene Erkenntnisse, die Ihnen helfen, besser zu arbeiten .

Manche Themen entstehen aus einer klaren Idee und offenbaren letztendlich etwas Tieferes. Diese Ausgabe begann als Suche nach Werkzeugen: Wir wollten alles zusammentragen, was Designern, Illustratoren, Typografen, Brandern und visuellen Denkern hilft, besser zu arbeiten. Doch schnell wurde uns klar, dass bessere Arbeit nicht allein von den Werkzeugen abhängt. Es geht nicht nur um Stifte, Kameras oder Software, sondern um die Perspektiven, Gewohnheiten und Werte, die die kreative Praxis prägen.

Ausgehend von dieser Prämisse ist diese Ausgabe als Raum für gemeinsame Reflexion zwischen jenen gestaltet, die ihren Lebensunterhalt mit kreativem Schaffen verdienen, und jenen, die den kreativen Akt aus sich selbst heraus betrachten. Es ist ein Dialog zwischen Praxis und Theorie, der versucht, ohne Formeln eine ebenso einfache wie schwierige Frage zu beantworten: Wie können wir besser kreativ sein?

Das Magazin beginnt mit einer Umfrage unter unseren Lesern: ein Bild dessen, was viele für wesentlich halten, um Kreativität zu bewahren – Neugier, Aufmerksamkeit, kontinuierliches Lernen, Gelassenheit und Staunen. Die vielfältigen und ehrlichen Antworten zeigen, dass jenseits der Werkzeuge die Einstellung wirklich zählt.

In unserer regelmäßigen Umfrage erreichten uns über hundert Antworten von Design-, Illustrations-, Typografie- und visuellen Kommunikationsprofis aus verschiedenen Ländern und Generationen. Ihre Erfahrungsberichte zeigen, wie sie arbeiten, welche Werkzeuge sie nutzen und welche Werte ihren Berufsstand heute prägen. Wussten Sie, dass sechs von zehn Befragten zugeben, selbst auferlegten Druck und Perfektionismus ablegen zu müssen, um beruflich voranzukommen? Ein authentischer Einblick in die Wahrnehmung und das Verständnis von Design im Jahr 2025.

Im Abschnitt „Die Fäden zählen“ haben wir drei Auszüge aus Büchern zusammengestellt, die unserer Meinung nach als Kompass zum Verständnis von Kreativität dienen. Das Buch über Milton Glaser hebt eine wichtige Lektion hervor: Fehler als Teil des Prozesses zu begreifen, nicht als Bedrohung. Scott Belskys „Making Ideas a Reality “ schlägt eine Methode vor, um Inspiration in Handeln umzusetzen und die oft mit kreativen Projekten einhergehende Lähmung zu überwinden. Und in „When Everything Fits“ plädiert Raül Refree für das Unbekannte als treibende Kraft und erinnert uns daran, dass die besten Ideen oft dann entstehen, wenn wir nicht genau wissen, wohin die Reise geht.

Wir haben außerdem eine neue Generation von Kreativen zusammengebracht, die zielorientiert und mit kritischem Blick arbeiten: Víctor García Gutiérrez, Gonçalo Salgado, Lakis Sobyra und Álvaro García Ruano repräsentieren unterschiedliche Herangehensweisen an das Handwerk – von Design und Illustration bis hin zur Art Direction. Ihre Erfahrungsberichte spiegeln eine Generation wider, die in jedem Projekt nach Sinn, Präzision und Engagement strebt.

Der Interviewteil erweitert diese Perspektive über verschiedene Disziplinen und Generationen hinweg. Isidro Ferrer plädiert für die analoge Technik als nach wie vor fruchtbaren Boden, unberührt von Nostalgie. Knom spricht über die Kunst, das Beste zu finden, auch wenn der Weg Geduld erfordert. Brandfy reflektiert darüber, wie künstliche Intelligenz Kreativen helfen kann, profitabler zu arbeiten, ohne ihre Vision zu opfern. Vasava teilt seine gesammelte Erfahrung und die Bedeutung, das Gelernte zu nutzen. Espadaysantacruz untersucht, wie Zuhören der Ausgangspunkt für Design ist. Studios wie Silencio, Cuchillo und Supperstudio zeigen, dass Zusammenarbeit, Prozesse und Experimente die wahren Triebkräfte für Innovation bleiben.

Unter all diesen Interviews hatten wir das Vergnügen, ausführlich mit Stefan Sagmeister zu sprechen, der eine direkte Frage stellt: Kann Glück ein Werkzeug für die Arbeit sein? Seine philosophische und zugleich praktische Überlegung stellt das Wohlbefinden in den Mittelpunkt des kreativen Prozesses: „Wenn ich depressiv bin, bin ich für niemanden von Nutzen. Wenn es mir gut geht, bin ich effektiv, nützlich und produktiv.“

Im Abschnitt „So funktioniert es“ gehen wir auf zwei Themen ein, die auch heute noch relevant sind: die Gefahr, in einer informationsgesättigten Welt den Kontext zu verlieren, und die Methode, die Walt Disney in den 1950er Jahren zum Schutz der Kreativität entwickelte: drei Räume – Träumen, Kritisieren, Ausführen –, die wir heute in eine zeitgemäße Lektion übersetzen könnten, wie man angesichts von Stress, Überfluss und selbst auferlegten Anforderungen für den Geist sorgt.

„Besser gestalten“ ist kein Handbuch und kein Katalog. Es ist eine Einladung, innezuhalten, zu beobachten und sich wieder mit dem zu verbinden, was dem kreativen Schaffen Sinn verleiht. Sich daran zu erinnern, dass sich die Werkzeuge ändern, die Grundlagen – Neugier, Feingefühl, Zeit und Vision – jedoch dieselben bleiben. Denn besser gestalten ist keine Frage der Technik, sondern des Bewusstseins.